Wie früher in Hailer Brot gebacken wurde
Wer durfte zuerst backen?
Vor dem Backen musste festgelegt werden, wer um welche Uhrzeit backen konnte. Nach dem 11-Uhr-Läuten vom „Läuthäusi” hatte der Ortsdiener die Aufgabe, die Reihenfolge der Bäcker in einer Trommel auszulosen. Es gab 5 Losnummern pro Tag. Wer die Nummer 1 zog, war „Erschter” danach folgte der „Zwette”, Drette” usw. Es taten sich dann immer einige Familien zusammen –das konnten zwei oder drei Familien sein-. Ein Trog Teig ergab ca. 12 bis 15 Brote, zusätzlich wurden auch noch Kuchen gebacken.
Jede Familie wusste, wann sie ungefähr „dran” war: Ein Familienmitglied schaute nach, wie weit die Vorgänger waren und wann das Anheizen beginnen konnte. Meistens wurden die Kinder damit beauftragt.
Am Backtag:
musste erst mal das Mehl aus der Truhe, die meist auf dem Hausboden stand, geholt werden. Nicht vergessen durfte man, wenn es kalt war, das Mehl in der Küche zu erwärmen – das war sehr wichtig.!!
Ein Vorteig wurde mit warmem Wasser, dem Mehl, etwas Salz und Sauerteig vermischt: „engemiert”. Oben drüber wurde etwas Mehl gestäubt und dann mit Tüchern abgedeckt. So ließ man den Teig aufgehen. Das dauerte ein paar Stunden. Danach wurde der Teig fertig gemacht, indem man dem Vorteig noch Wasser (6 bis 8 Liter) Mehl und Salz beimengte und alles gut durchknetete. Der Teig im Trog wurde abermals abgedeckt gehengelassen, bis es Zeit wurde, zum Backhaus zu fahren.
War einmal wenig Zeit für Kuchenteig – die Feldarbeit musste ja erledigt werden – wurde vom Brotteig etwas abgenommen und mit ein wenig Weizenmehl und Fett verfeinert. Dieser Teig wurde für den berühmten Hailerer Schmierkuchen verwendet.
Für die Hausfrau war so ein Backtag schon anstrengend. Außer dem Brot wurde auch Kuchen gebacken und dieser Teig wurde mit Hefe, Milch, Zucker, etwas Salz, Eiern, Schweinefett – das hatte ja jeder Haushalt – hergestellt. Der Teig musste auch schön aufgehen und wurde dann nochmals tüchtig durchgeknetet und auf ein Backblech ausgerollt. Je nach vorhandenen Zutaten wurden die Kuchen mit Äpfeln, Zwetschgen oder Streuseln belegt.
Nun waren die Männer dran: Sie richteten die Backwell aus Reisig. Diese wurden im Laufe des Jahres gesammelt und gebündelt getrocknet. Der Backofen wurde damit gefüllt und man freute sich über das schöne Feuer.
Nach einiger Zeit, als das Feuer heruntergebrannt war, wurde der Backwisch (das war eine Stange, die an einem Ende mit Stroh umwickelt war) nass gemacht. Damit wurde die Asche im Ofen zusammengefegt und entfernt.
Nicht zu vergessen sei der Backschießer, der musste in Ordnung sein, das war wichtig. Er wurde mit Mehl bestäubt, damit der Brotteig sich gut beim Einschießen vom Schießer ablöste. Um zu sehen, ob der Ofen die richtige Temperatur erreicht hatte, wurde etwas Mehl in den Backofen geworfen, am Bräunungsgrad des Mehles erkannte man die Temperatur im Ofen.
Der inzwischen auf einem Schubkarren ins Backhaus gefahrene Trog mit dem Brotteig wurde jetzt nass ausgehoben und mit dem eingemehlten Schießer eingeschossen.
Der „Backmeister”, der für das Einschießen in den Backofen verantwortlich war, richtete es meist so, dass für die Kuchen vor den Broten noch Platz war und nach und nach gebacken werden konnten.
Nachdem alles geschafft war, hoffte man, dass alles gut gelingen möge.
Nach ca. 1 bis 1 ¼ Stunden wurde das Brot begutachtet. Hatte es eine schöne Farbe und Kruste, wurde jeder Laib mit einer Bürste mit Wasser bestrichen, kam noch einmal kurz in den Ofen. Dann wurde das schön glänzende Brot ausgeschossen und zum Auskühlen gelagert. Im Brottrog ging es nach Hause, dort wurde es im Keller auf ein Brotgestell gestellt und reichte dann meistens für 2 bis 3 Wochen.
Woher kam das Mehl zum Backen?
In Gelnhausen befand sich eine Mühle, genannt die „Burgmühle”, heute bekannt als Hotel Burgmühle.
Viele Haushalte bekamen ihr Mehl vom Müller aus Kassel, im Volksmund nur als „Besenkassel” bekannt. Dort wurden nämlich die Reiserbesen hergestellt, die man auf jedem Hof finden konnte.
Der Müller fuhr schon früh mit einem oder zwei Pferden vor seinem Karren los. Zur Frühstückszeit war er bereits da, verteilte das Mehl an seine Kunden und nahm dann gleich wieder Korn für Brotmehl und Weizen für Kuchenmehl mit.
Zwischendurch stärkte er sich und versorgte die Pferde.
Text: Unbekannt